USA – Demokratie in Gefahr?! 70 Schüler*innen der Geschwister-Scholl-Schule nehmen an einem Online-Workshop mit der Harvard-Dozentin Cathryn Clüver Ashbrook teil

Als 4. und vorerst letzter Teil der Veranstaltungsreihe im Rahmen der US-Präsidentschaftswahlen nahmen Mitte März rund 70 Schüler*innen aus der Oberstufe, Lehrkräfte und Interessierte an dem vom Haus am Maiberg organisierten Online-Seminar „USA – Demokratie in Gefahr?!“ teil. Nach der Betrachtung des Wahlkampfendspurts, der Analyse der Wahlergebnisse sowie der Inauguration von Joe Biden und Kamala Harris ging es dieses Mal um die gesellschaftliche und politische Spaltung in den USA und um mögliche Zukunftsperspektiven. Als Expertin für diese Veranstaltung konnte die renommierte und aus den Medien bekannte Politikwissenschaftlerin und Harvard-Dozentin Cathryn Clüver Ashbrook gewonnen werden.

Nach einer herzlichen Begrüßung erhielten die Teilnehmer*innen zunächst die Gelegenheit, eine persönliche Einschätzung zur gesellschaftlichen Situation in den USA abzugeben und die drängendsten sozialen und politischen Probleme zu benennen, wodurch für die kommenden zwei Stunden ein Themenspektrum umrissen wurde.


Darauf folgte die Überleitung auf die eingeladene Referentin Cathryn Clüver Ashbrook. Frau Ashbrook ist eine deutsch-amerikanische Politikwissenschaftlerin und Gründerin des „Future of Diplomacy Project“ und des „Project on Europe and the Transatlantic Relationship“ an der Harvard Kennedy School. Diese Projekte legen ein besonderes Augenmerk auf die Erforschung der künftigen Entwicklungen der internationalen Politik sowie der transatlantischen Beziehungen.

Während eines kurzen Einblicks in ihre Vita erklärte Ashbrook, warum sie sich zu Amerika hingezogen fühlt. Die gebürtige Wiesbadenerin wuchs immer „mit einem Bein in Klein-Amerika“ auf und kennt und lebt sowohl die deutsche als auch die amerikanische Geschichte. Schon in ihrer Jugend war sie politisch in verschiedenen Gruppen aktiv und studierte später an der Brown University in Rhode Island.

Thematisch ging es in ihrem Impulsvortrag zunächst um Donald Trumps Lügen hinsichtlich der Wahlergebnisse. Sie sah diese schon im Wahlkampf 2016 gegen Hillary Clinton, da er schon damals angekündigt hatte, das Wahlergebnis nur dann anzuerkennen, wenn er gewinnen würde. Ashbrook bezeichnete diese Lüge als die „große Lüge“ und analysierte diese einleuchtend mit Bezügen zur Dolchstoßlegende, welche der strukturelle Ursprung dieser Idee Trumps sei.

Danach referierte Frau Ashbrook über den „Trumpismus“, welcher Amerika stark erschüttert habe und auch noch weiterhin erschüttere. Dieser zeige sich insbesondere in der Unterminierung demokratischer Werte und Gepflogenheiten und desavouiere die Demokratie an sich. Der bisher traurige Höhepunkt dieses „Trumpismus“ sei der Sturm auf das Kapitol in Washington, dem Herzen der amerikanischen Demokratie, am 6. Januar 2021 gewesen, der für sie persönlich sehr schmerzlich war. Dieser verdeutliche ihrer Meinung nach sowohl die bis heute relevanten Ausprägungen des Rassismus als auch die Ungleichheitsschere zwischen Arm und Reich, welche aus dem amerikanischen Kapitalismus resultiere.

Amerika sei ihrer Meinung nach – kurz gesagt – von weißen, privilegierten Männern gegründet worden, wodurch die Aspekte Sklaverei und Ungleichheit quasi gründungs- und systemimmanent verankert worden seien. Nach dem Bürgerkrieg (Sezessionskrieg) in den USA, den der Norden gewonnen hatte, um Afroamerikanern Freiheiten zu ermöglichen, hatte der Süden abermals diese Menschen aus der Gesellschaft und der Politik gedrängt. Diese Ungleichheiten würden sich laut Ashbrook bis heute in einigen Vorgaben und Elementen des Wahlsystems zeigen, da dort Formen von struktureller Diskriminierung die politische Partizipation von bestimmten Bevölkerungsgruppen erschweren oder diese gar ganz davon ausschließen würden.

Neben politischer Ungleichheit seien soziale und ökonomische Ungleichheiten heute für viele US-Amerikaner*innen Realität. Der amerikanische Traum „vom Tellerwäscher zum Millionär“ sei aber nicht (mehr) oder kaum noch realisierbar, da der Kapitalismus in den USA sehr dominant gewesen sei und sich heutzutage sogar noch stärker in dieser Form zeige. Dadurch sei die Einkommensschere extrem weit auseinandergegangen und die reichsten 10.000 Menschen seien reicher als die gesamte restliche Bevölkerung Amerikas.

Für mehr Gerechtigkeit sollten ihrer Meinung nach das Rechtssystem Amerikas und die Demokratie an sich sorgen, sodass zum Beispiel Menschen konsequent bestraft werden müssten, die rassistisch motivierte Straftaten oder Morde begehen und somit der Demokratie stark schaden würden. Das höhere Ziel der Demokratie müsse es sein, dass jeder Mensch in den Augen des Staates und vor dem Gesetz gleich sei. Diesbezüglich hoffe sie sehr auf die politischen Richtungsentscheidungen Joe Bidens in den kommenden Jahren. Wichtig dabei seien zum Beispiel das geplante Covid-Rettungsprogramm, das nach Ashbrooks Einschätzung mit dem „New Deal“ der 1930er-Jahre vergleichbar sei, und eine Versöhnung der polarisierten Bevölkerungsgruppen inklusive der Medienlandschaft.

In der anschließenden Fragerunde ging es dann unter anderem um die Aspekte Klimapolitik, den 2. Verfassungszusatz und um eigene Erlebnisse in Bezug auf Polizeigewalt.

Zum Abschluss entwickelten die Teilnehmer*innen in Kleingruppen in Form einer Zukunftswerkstatt Perspektiven für die USA im Jahr 2030. Die Ergebnisse der Kleingruppenarbeiten wurden auf einem Padlet, einem digitalen schwarzen Brett, gesammelt und anschließend im Plenum vorgestellt. Hierbei fokussierten sich die Schüler*innen unter anderem auf eine stärkere Durchsetzung des Klimaschutzes im Rahmen des Pariser Klimaabkommens und brachten ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass der Rassismus und die Waffengewalt zurückgehen und die Kooperation mit anderen Ländern zukünftig wieder vertieft werden würden.

Die Teilnehmer*innen der Geschwister-Scholl-Schule bedanken sich ganz herzlich bei Frau Clüver Ashbrook für ihre kenntnisreiche Expertise und den äußerst angeregten Austausch. Den Mitarbeiter*innen vom Haus am Maiberg, Hanne Kleinemas, Alexander Mack und Christoph Seibel, gebührt nicht nur ein großer Dank für dieses Online-Seminar, sondern für die gesamte Veranstaltungsreihe.

Link zum Vortrag von Frau Ashbrook:

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