Geschwister Scholl

Zeittafel zur Geschichte der „Weißen Rose“

Widerstand gegen die Diktatur der Nazis war im Hitler-Deutschland zwischen 1933 und 1945 nicht einfach. Mit brachialer Gewalt wurde jede Meinungsfreiheit unterdrückt, alles verfolgt was den rassistischen Vorstellungen vom 1000jährigen Reich unter der Führung der Nazis nicht entsprach. Während des II.Weltkriegs – insbesondere nach der Niederlage in Stalingrad (UDSSR) – erkannten auch junge Menschen, dass dieses Terror-Regime bereit war gnadenlos alle Deutschen ins totale Verderben  zu schicken. Deshalb begannen Hans und Sophie Scholl mitten in Bayern – von München war 1923 der erste Versuch Hitlers ausgegangen, die Macht in Deutschland an sich zu reißen – aktiven Widerstand zu leisten.

Mai 1941: Hans Scholl lernt über Alexander Schmorell bei einem Konzert Traute Lafrenz kennen, mit der Schmorell schon in Hamburg befreundet war. Dort hatte Traute Lafrenz einer regimekritischen Gruppe um die Lehrerin Erna Stahl und ihrem Mitschüler Heinz Kucharski angehört, die bereits seit 1934 bestand, mehrere Kreise umfasste und bis zu ihrer Aufdeckung 1943 etwa 50 Mitglieder zählte.

Ende Mai 1941: Bei einem Leseabend im Hause Schmorell macht Hans Scholl die Bekanntschaft von Christoph Probst.

Herbst 1941: Hans Scholl erfährt von den Briefen und Predigten des Bischofs von Münster, Clemens August Graf von Galen, die ihn sehr beeindrucken.


Winter 1941/42: Hans Scholl begegnet dem katholischen und ebenfalls seit langem regimekritischen Publizisten und Kulturkritiker Theodor Haecker (1879 – 1945; seit 1935 mit Rede- und seit 1938 mit Schreibverbot belegt). Auch Christoph Probst kannte Haecker, da sein Schwiegervater Harald Dohrn mit Haecker und Muth zum Freundeskreis des emigrierten Verlegers Jakob Hegner zählte.

Frühjahr 1942: Hans Scholl wird auf Vermittlung Carl Muths zu einer Abendunterhaltung im Haus des Soziologen Alfred von Martin (1882 – 1979) eingeladen. Er freundet sich dort mit dem Justizbeamten Josef Furtmeier an. Furtmeier empfiehlt Scholl an den Architekten Manfred Eickemeyer, den er März/April 1942 kennen lernt. Eickemeyer berichtet Scholl von Massenerschießungen an der Ostfront und stellt sein Atelier Leopoldstraße 38a für Treffen zur Verfügung.

3. Juni 1942: Bei einem literarischen Abend bei Frau Dr. Mertens lernen Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst und Alexander Schmorell Professor Kurt Huber näher kennen. Es kommt in der Gesellschaft zu politischen Diskussionen, bei denen die Studenten und Huber ihre gleiche politische Gesinnung erkennen.

Juni 1942: Willi Graf lernt in der Studentenkompanie Hans Scholl und Alexander Schmorell, später auch Christoph Probst kennen.

Frühsommer 1942: Hans Scholl und Alexander Schmorell veranstalten Leseabende im Atelier Eickemeyer. Es tragen u. a. vor: Carl Muth, Theodor Haecker, Sigismund von Radecki.

Juni/Juli 1942: Die antinationalsozialistischen Flugblätter 1 – 4 werden von Hans Scholl und Alexander Schmorell verfasst. Sie werden vom 27. Juni bis 12.Juli an meist in München wohnenden Personen per Post versandt. Auflage: je ca.100 Stück.

10. Juli 1942: Willi Graf wird nach einer Lesung Theodor Haeckers vermutlich an diesem Tag in den engeren Kreis der ‚Weißen Rose‘ einbezogen.

Juli 1942: Hans Scholl schlägt dem Buchhändler Söhngen vor, sich an den Aktionen der ‚Weißen Rose‘ zu beteiligen.

22. Juli 1942: Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Willi Graf, Christoph Probst, Traute Lafrenz, Gisela Schertling, Katharina Schüddekopf, Hans Hirzel, Manfred Eickemeyer und Professor Kurt Huber treffen sich im Atelier Eickemeyer zu einer politischen Diskussion. Professor Huber beteiligt sich engagiert und erregt an dem Gespräch.

23. Juli 1942: Hans Scholl, Alexander Schmorell, Willi Graf werden an die Ostfront abkommandiert.

26. Juli 1942-27 Juli 1942: Hans Scholl, Willi Graf, Alexander Schmorell und 27. Juli 1942 Hubert Furtwängler sehen während eines Aufenthalts beim Truppentransport das Warschauer Ghetto.

August 1942: Sophie Scholl leistet Kriegshilfsdienst in einem Ulmer September 1942 Metallbetrieb.

August 1942: Robert Scholl, Vater von Sophie und Hans Scholl, wird verhaftet, weil er Hitler eine ‚Gottesgeißel‘ genannt hat.

30. Oktober 1942: Hans Scholl, Willi Graf, Alexander Schmorell und Hubert Furtwängler kehren von der Ostfront nach München zum Studium zurück. In München beginnt erneut ein intensives studentisches Leben mit Fechten, Singen im Bachchor, Skifahren, politischen Diskussionen usw.

November 1942: Hans Scholl und Alexander Schmorell machen durch Vermittlung der mit Schmorell befreundeten Malerin Lilo Ramdohr die Bekanntschaft Falk Harnacks, eines Bruders Dr. Arvid Harnacks aus der Widerstandsgruppe ‚Rote Kapelle‚. Das Treffen findet in Chemnitz statt. Harnack verspricht, Verbindung zu anderen Widerstandskreisen herzustellen. Zur selben Zeit berichtet Traute Lafrenz dem Hamburger Kreis regimekritischer Studenten im Heinz Kucharski von der Münchener Gruppe und übergibt zwei Flugblätter.

2. Dezember 1942: Hans Scholl, Alexander Schmorell, Willi Graf und Christoph Probst diskutieren vor der Versetzung Probst nach Innsbruck eine Ausweitung der Widerstandstätigkeit. Es sollen an möglichst vielen Universitäten korrespondierende Gruppen gebildet werden. Willi Graf entschließt sich endgültig zur aktiven Beteiligung an der Widerstandstätigkeit der ‚Weißen Rose‘ und übernimmt die schwierige Aufgabe, gleichgesinnte Studenten an anderen Hochschulen zur Unterstützung der ‚Weißen Rose‘ zu bewegen.

4. Dezember 1942-5. Dez. 1942: Willi Graf versucht vergeblich, alte Freunde aus der Bündischen Jugend, die sich in München aufhalten, für Widerstandsaktionen zu gewinnen.

Anfang Dezember 42: Der Buchhändler Josef Söhngen bietet Hans Scholl bei einer Unterredung an, Kontakt zu dem auf Capri lebenden Antifaschisten Giovanni Stepanow herzustellen. Ein Treffen kommt aber nicht zustande.

9. Dezember 1942: Hans Scholl informiert vermutlich an diesem Tag Professor Kurt Huber über die Pläne und Aktivitäten der ‚Weißen Rose‘.

17. Dezember 1942: Willi Graf und Hans Scholl besuchen Professor Huber. Vermutlich erklärt dieser sich an diesem Tag bereit, an der Abfassung weiterer Flugblätter mitzuwirken.

Dezember 1942: Jürgen Wittenstein, ein Freund Alexander Schmorells, der die ‚Weiße Rose‘ unterstützt, besucht in Berlin Hellmut Hartert, einen Studienfreund Hans Scholls. Beide vertagen eine Entscheidung über Widerstandsaktivitäten in Berlin auf einen späteren Zeitpunkt.

21. Dezember 1942: Willi Graf reist nach Saarbrücken, Hans und Sophie Scholl nach Ulm, Traute Lafrenz nach Wien ab. Alle berichten Freunden von ihrer Tätigkeit.

Ende Dezember 1942: Willi Graf trifft in Saarbrücken Freunde aus der Bündischen Jugend. Heinz und Willi Bollinger erklären sich zur Unterstützung der Münchener Gruppe bereit. Willi Bollinger organisiert Urlaubs- und Militärfahrscheine für die Münchener Gruppe und beschafft Waffen. Hein Bollinger unterrichtet regimekritische Studenten von den Vorhaben der ‚Weißen Rose‘.

7-28 Januar 1943: Das 5. Flugblatt wird geschrieben und vervielfältigt. Die Entwürfe stammen von Alexander Schmorell und Hans Scholl, Professor Huber korrigiert. Auflage: mehrere tausend Stück. Einige Hundert werden sofort an Münchener Adressen versandt, Sophie Scholl gibt einige in Augsburg auf und überreicht Hans Hirzel in Ulm Flugblätter für Stuttgart. Dieser erhält für die Verteilung Hilfe von seiner Schwester Susanne, Franz Müller und Heinrich Guter. Alexander Schmorell bringt Flugblätter nach Salzburg, Wien und Linz und versendet von Wien aus einige nach Frankfurt/M. Jürgen Wittenstein bringt Flugblätter nach Berlin.

14. Januar 1943: 470-Jahrfeier der Universität München. Bei der Rede von Gauleiter Giesler kommt es zu Tumulten, da der Gauleiter die Studentinnen angreift und ihnen in unflätiger Weise vorwirft, sich ihren Pflichten entziehen zu wollen. Der Chemiestudent Hans Konrad Leipelt (der die Mitglieder der ‚Weißen Rose‘ vermutliche persönlich nicht kannte) stenographierte Gieslers Rede mit und verbreitet sie unter Mithilfe seiner Freundin Marie-Luise Jahn nach dem 18. Februar 1943 zusammen mit dem letzten Flugblatt der Widerstandsgruppe ‚Weiße Rose‘, das er mit dem Zusatz versieht: „Und ihr Geist lebt trotzdem weiter.“

20. Januar 1943: Willi Graf fährt mit einem Vervielfältigungsapparat und dem 5. Flugblatt ins Rheinland.

22. Januar 1943: In Saarbrücken übergibt Willi Graf Willi Bollinger das Vervielfältigungsgerät und ein Flugblatt. Willi Bollinger stellt etwa 2OO Abzüge her, die er im Saarland verbreitet.

23. Januar 1943: Willi Graf trifft Helmut Bauer aus der Freiburger Widerstandsgruppe in Freiburg.

24. Januar 1943: Willi Graf übergibt Heinz Bollinger in Ulm ein Flugblatt. Zur Verbreitung des Flugblatts in Freiburg kommt es allerdings nicht mehr.

27. Januar 1943: Treffen der Freunde im Atelier Eickemeyer. Christoph Probst, sein Schwiegervater Harald Dohrn und der Maler Wilhelm Geyer sind anwesend. Probst entwirft in den folgenden Tagen ein Flugblatt, in dem er auf Gerüchte über eine Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad eingeht.

3. Februar 1943: Die Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad wird offiziell verkündet.

3-4. Februar 1943: Hans Scholl und Alexander Schmorell schreiben in 4. Feb. 1943 der Nacht die Parolen „Freiheit“ und „Nieder mit Hitler“ an Häuserwände in der Münchener Innenstadt. Die Aktion wird am 8. und 15. Februar unter Mithilfe Grafs wiederholt.

4. Februar 1943: Professor Huber beginnt seine Vorlesung mit dem Satz: „Wir gedenken heute der Opfer von Stalingrad, die Zeit der Phrasen ist vorbei.“

4-8 Februar 1943: Falk Harnack trifft führende Mitglieder der ‚Weißen Rose‘ in München zu einer Unterredung.

12-15 Februar 1943: Professor Kurt Huber entwirft das 6. Flugblatt. Hans Scholl und Alexander Schmorell streichen gegen seinen Willen einen Passus, der die Studenten zu Unterstellung unter die Wehrmacht aufforderte, und vervielfältigen das Flugblatt. Es werden zwei inhaltlich identische Auflagen hergestellt, weil die Matrize reißt. Auflage insgesamt: ca. 3000 Stück. Verteilung in München und Versand per Post.

18. Februar 1943: Gegen 11 Uhr verteilen Hans und Sophie Scholl das 6. Flugblatt in der Universität und werden dabei von einem Hausmeister entdeckt, der sie festhält, Verhaftung durch die Gestapo. Nach deren Ermittlungen werden am gleichen Abend auch Willi Graf und seine Schwester Anneliese verhaftet. Am selben Tag ruft Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast zum „totalen Krieg“ auf.

19. Februar 1943: Christoph Probst wird verhaftet. Alexander Schmorell gelingt die Flucht nach Innsbruck, dann nach Schloss Elmau bei Mittenwald. Da ein Fluchtversuch über die Alpen scheitert, trifft er am 24. Februar 1943 wieder in München ein, wo er verhaftet wird.

22. Februar 1943: Volksgerichtshofprozess gegen Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst. Das Urteil lautet: Todesstrafe. Die Hinrichtung erfolgt noch am selben Tag um 17 Uhr.

25. Februar 1943: Falk Harnack erwartet Hans Scholl zu einem Treffen in Berlin, bei dem Kontakt zu den späteren Verschwörern des 20. Juli hergestellt werden soll.

27. Februar 1943: Professor Kurt Huber wird verhaftet.

März 1943: Helmuth von Moltke bringt ein Flugblatt der ‚Weißen Rose‘ nach Schweden, von wo aus es nach England gelangt.

Juli 1943: Das Flugblatt wird tausendfach von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen.

19. April 1943: Volksgerichtshofprozess gegen Willi Graf, Alexander Schmorell, Professor Kurt Huber, Helmut Bauer, Heinrich Bollinger, Susanne Hirzel, Traute Lafrenz, Franz Joseph Müller, Gisela Schertling, Katharina Schüddekopf. Graf, Schmorell und Huber werden zum Tode verurteilt, die übrigen z. T. zu langjährigen Zuchthausstrafen.

13. Juli 1943: Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber werden hingerichtet. Für die mittellose Witwe Professor Hubers sammeln Hans Konrad Leipelt und seine Freundin Marie-Luise Jahn unter Gleichgesinnten in München und Hamburg Geld. Prozess gegen den Buchhändler Josef Söhngen, Manfred Eickemeyer, Wilhelm Geyer und Harald Dohrn vor dem Sondergericht 2 beim Landgericht München I. Söhngen wird zu 6 Monaten Haft verurteilt, die übrigen werden mangels Beweisen freigesprochen.

8. Oktober 1943: Hans Konrad Leipelt wird verhaftet.

9. November 1943: Heinz Kucharski, Maria Leipelt und Greta Rothe werden als erste Mitglieder der Hamburger Gruppe verhaftet. Weitere Verhaftungen folgen.

3. April 1944: Prozess gegen Willi Bollinger vor dem Landgericht Saarbrücken. Bollinger wird zu drei Monaten Haft verurteilt.

13. Oktober 1944: Prozess gegen Hans Konrad Leipelt, Liselotte Dreyfeldt, Wolfgang Erlenbach, Valentin Freise, Marie-Luise Jahn, Hedwig Schulz, Franz Treppesch vor dem 2. Senat des Volksgerichtshofs in Donauwörth. Leipelt wird zum Tode, die übrigen zum Teil zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.

11. November 1944: Die Ermittlungssache Kucharski u. a. wird der Justiz übergeben. Im Frühjahr 1945 folgen Prozesse mit weiteren Todesurteilen, zum Teil werden Beteiligte noch während der Ermittlungen zu Tode gebracht.

29. Januar 1945: Hans Konrad Leipelt wird hingerichtet.

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