In der letzten Schulwoche vor den Weihnachtsferien wurde es noch einmal politisch: Die beiden Leistungskurse Politik und Wirtschaft der Q1 von Herrn Kühn und Herrn Borchert sowie ein Schüler aus der IKL-B haben sich in einem zweitägigen Seminar intensiv mit dem Themenfeld Europäische Union beschäftigt.
Nach der Ankunft im Haus am Maiberg am Montagmorgen und einer Vorstellungsrunde wurden die Teilnehmer*innen zunächst nach ihren Erwartungen für die beiden kommenden Seminartage gefragt.
Im Anschluss wurden in einer Gruppenarbeit zum einen die mythologischen sowie die historischen Grundlagen Europas erarbeitet und zum anderen der Aufbau und die verschiedenen Institutionen der Europäischen Union genauer in den Blick genommen. Die Präsentation der Arbeitsergebnisse lieferte dabei eine wertvolle Grundlage für das kommende Planspiel am Nachmittag. Noch vor der Mittagspause wurden zudem aktuelle Problemfelder und Herausforderungen für die EU herausgearbeitet und diskutiert.
Das kreative Potenzial der rund 40 Schüler*innen war dann nach der Mittagspause gefragt: Um die eigenen grundlegenden politischen Positionen zu bestimmen, füllte zunächst jede*r Teilnehmer*in einen Selbsteinschätzungsbogen aus, mit dem er oder sie sich politisch und vor dem Hintergrund der eigenen Wertmaßstäbe verorten konnte. In der zweiten Phase sollten sich dann diejenigen Teilnehmer*innen zusammenfinden, die bezüglich der abgefragten Politikfelder, unter anderem Bildungs-, Umwelt- und Sicherheitspolitik, eine ähnliche politische Position vertreten.
Die so zusammengestellten und unterschiedliche politische Richtungen repräsentierenden Gruppen sollten sodann eine neue Partei inklusive eines eigenen Namens gründen. Die Hauptaufgabe bestand dabei darin, die Eckpunkte eines eigenen Parteiprogramms auszuarbeiten und eine Vision für „EU-Topia“ zu entwickeln.
In der anschließenden Vorstellungsrunde der verschiedenen Parteikonzepte konnten die Teilnehmer*innen bereits über potenzielle Koalitionspartner nachdenken. Um das Planspiel noch realistischer zu gestalten, sorgten zusätzlich ausgewählte Medienvertreter*innen für die politische Berichterstattung über die Parteigründungs- und Aushandlungsprozesse. Des Weiteren simulierte eine weitere Gruppe das Erstarken einer rechtspopulistischen Partei, um zu ergründen, wie die anderen Parteien darauf reagieren und wie mit dieser Partei im politischen Prozess umgegangen wird.
In der folgenden informellen Verhandlungsphase zwischen den verschiedenen Parteien wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede abgeglichen und mögliche Koalitionsoptionen für die Zusammenarbeit im Parlament eruiert. In der abschließenden konstituierenden Parlamentssitzung war dann Kompromissbereitschaft gefragt, um nach dem Mehrheitsprinzip über die Grundlinien einer gemeinsamen Politik abzustimmen. Dabei zeigten sich – ähnlich wie in der politischen Realität – sowohl Hindernisse als auch Möglichkeiten, den politischen Gegner von den eigenen Ideen zu überzeugen. Neben guten Argumenten für die eigene Position waren dabei Kompromisse und Zugeständnisse bei vielen Entscheidungen notwendig. Nach einer intensiven Reflexion des Planspiels wurde noch die am Folgetag stattfindende Exkursion nach Straßburg besprochen, sodass die Teilnehmer*innen schließlich den Abend stimmungsvoll ausklingen lassen konnten.
Am frühen Dienstagmorgen startete dann die Exkursion nach Straßburg. Gegen 10.00 Uhr am Europäischen Parlament in Straßburg angekommen, führte der erste Programmpunkt die Schüler*innen in den beeindruckenden Plenarsaal des Europäischen Parlaments, wo gerade eine kontroverse Debatte zum Mord an der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia stattfand und aufmerksam mitverfolgt wurde.
Im Anschluss besuchten die Teilnehmer*innen das „Parlamentarium Simone Veil“. In dieser interaktiven Ausstellung, benannt nach der ersten Präsidentin des Europäischen Parlaments, konnten ein 360°-Kino besucht sowie viele historische und gegenwärtige Einblicke in die Europäische Union anhand von digitalen Exponaten erlangt werden.
Nach der Mittagspause absolvierten die Schüler*innen ein interaktiv-digitales Rollenspiel zum Gesetzgebungsprozess in der EU. Dabei schlüpften sie in die Rollen von Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die vier verschiedenen Fraktionen zugeordnet waren, und verhandelten sowohl innerhalb ihrer Fraktion als auch fraktionsübergreifend über eine Wassersolidaritäts- und eine Personenerkennungsrichtlinie.
Mit diesen Beispielen wurden zugleich auch aktuelle Themen wie der Klimawandel oder das Spannungsverhältnis von Sicherheit und Freiheit angesprochen. Das rund zweistündige Rollenspiel war dabei sehr realitätsnah und medial sehr abwechslungsreich gestaltet, sodass die Teilnehmer*innen nachempfinden konnten, wie Aushandlungs- und Abstimmungsprozesse in und zwischen den Europäischen Institutionen funktionieren und welche verschiedenen Akteure Einfluss auf das Handeln der Parlamentarier*innen nehmen.
Mit vielen neuen Eindrücken und einem großen Wissenszuwachs über Europa und die Europäische Union traten die Teilnehmer*innen schließlich die Heimreise nach Bensheim an. Ein großer Dank für diese beiden sehr lehrreichen und gut organsierten Tage geht an Annick Breitenbach und Alexander Mack vom Haus am Maiberg. Auch dem Förderverein der GSS gebührt ein großes Dankeschön für die finanzielle Unterstützung dieser Exkursion.