Vortrag von Dr. Almut Seiler-Dietrich: Die Internierung jüdischer Exilanten auf Mauritius 1940-1945

Die Literaturwissenschaftlerin und Publizistin Dr. Almut Seiler-Dietrich, die Mitte der Achtzigerjahre an der Geschwister-Scholl-Schule Französisch- und Russischunterricht erteilt und seit 1972 u.a. sieben Monografien und 115 Zeitungs- und Zeitschriftenartikel veröffentlicht hat, hielt vor Schülerinnen und Schülern der Klasse ED und des Leistungskurses Geschichte Q 2 einen Vortrag über „Die Internierung jüdischer Exilanten auf Mauritius 1940-1944‟. Der Roman „Der letzte Bruder‟ von Nathacha Appanah aus dem Jahre 2009 war für Frau Dr. Seiler-Dietrich Anlass, sich mit den historischen Hintergründen zu beschäftigen. Ausgehend von der Geschichte und Topografie der einstigen britischen Kolonie Mauritius, 870 km östlich von Madagaskar im Indischen Ozean gelegen, ging die Referentin sodann auf die Geschichte des britischen Mandatsgebiets Palästina und auf den Zionismus ein. Dieser machte zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts Werbung für die Einwanderung europäischer Jüdinnen und Juden in Palästina. 1939 zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war bereits ein Drittel der dort lebenden Bevölkerung jüdischen Glaubens, was die britische Mandatsmacht zu einem Einreisestopp veranlasste. Als im August 1940 3.500 Auswanderer auf vier Schiffen von Bratislava Richtung Haifa aufbrachen und unter schwierigsten Voraussetzungen Anfang November 1940 das angesteuerte Ziel erreichten, verweigerte die britische Mandatsmacht ihnen eine Aufenthaltserlaubnis, weil Großbritannien anderenfalls eine kriegerische Auseinandersetzung mit der arabischen Bevölkerung befürchtete. Als Aufnahmeland wurde den Auswanderern die Kronkolonie Mauritius bestimmt. Dies ist der einzige Fall, dass Menschen, die bereits britisches Territorium erreicht hatten, ausgewiesen wurden.

Frau Dr. Seiler-Dietrich ging ausführlich auf die ungünstigen Lebensbedingungen ein, denen die jüdischen Auswanderer auf Mauritius ausgesetzt waren. Die 1.581 Menschen, die am 26. Dezember 1940 auf zwei Schiffen in Port Louis ankamen, wurden im Gefängnis Beau-Bassin gefangen gehalten. Zwei Jahre lang blieb der Kontakt von Familienangehörigen verboten, eine Schikane, über deren Motive in der anschließenden Fragerunde lebhaft gesprochen wurde. Erst 1942 wurden die restriktiven Maßnahmen gelockert und die Neusiedler initiierten ein reichhaltiges Kulturleben, was ein Jahr später wieder rückgängig gemacht wurde, da eine angebliche Kooperation mit dem britischen Kriegsgegner bestanden habe. Ein Zyklon im Januar/Februar 1945 richtete großen Schaden auf Mauritius an. Erst am 21. Februar 1945 wurden die jüdischen Flüchtlinge in die Freiheit entlassen. Aber erst am 12. August 1945 landeten die meisten von ihnen mit der „Frankonia‟ in Palästina.

Die Schülerinnen und Schüler haben viel erfahren über ein Kapitel aus der Geschichte von Flucht und Vertreibung, was ihnen verdeutlichte, dass die auch in der Gegenwart aktuelle Thematik historische Wurzeln hat.

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