Sie sind reich, schön, sexy, erfolgreich und stehen permanent im Rampenlicht. Sie haben Millionen von Fans, verwandeln vor laufender Kamera das hässliche Entlein in einen stolzen Schwan, den schüchternen Waschlappen in einen begehrten Sexprotz, lügen den Zuschauern die Hucke voll, lieben nur sich selbst, kiffen, krabbeln ohne Rücksicht auf Verluste und Moral auf der Karriereleiter immer höher hinauf und tun dafür so gut wie alles. Und sie gaukeln den Ahnungslosen ewiges Glück vor.
Eine einzige Mogelpackung! Alles nur Mittel zum Zweck. Die endlose Gier nach Macht und Lust führt nicht ins Land der Träume, sondern schnurstracks ins Verderben. Goethes Faust ist es schließlich nicht anders ergangen. Sein höllischer Pakt mit Mephisto blieb nicht folgenlos und brachte keineswegs die erhoffte Erfüllung und das Glück, sondern Verzweiflung und Tod.
„FAUSTregel – Alles für die Quoten“, so heißt das neue Stück des Theaterkurses Darstellendes Spiel an der Geschwister Scholl-Schule Bensheim, das Julia Mandel in Zusammenarbeit mit den Kursteilnehmern verfasst hat. Das Original – Goethes Faust – hat man dabei nicht aus den Augen verloren. Die Gymnasialschüler der Jahrgangsstufe 11 aber erzählen die Story über Verführer und Verführte, über Schein und Sein aus der Sicht der modernen Spaßgesellschaft mit bissiger Ironie, aber auch mit viel Charme, Humor, heftigen Übertreibungen und durchaus kritischen Anspielungen auf die aktuelle Politik.
Alles nur Show, nichts ist echt
Was zählt, das sind die Quoten. In diesem Fall heißt das schlicht und einfach: Je mehr Kohle winkt, umso schneller verkümmert das Gewissen – bis es ganz ausgeschaltet wird. Dass beispielsweise in einer der vielen Einzelszenen ein Dr. Heinrich Faust die Orientierung verloren hat und unter Angstzuständen leidet, wundert niemanden mehr. Zuhören oder helfen tut übrigens keiner.
Auch „Super-Blondine“ Thomas Gottschalk, eine der Hauptfiguren des Schüler-Lehrerstücks, muss eine Menge Hohn und Spott ertragen. Alles nur Show, nichts ist echt: Der Lockenkopf nicht, eines seiner Markenzeichen, und auch nicht die Plattitüden seiner internationalen Couchgäste bei „Wetten dass“. Eine Stimme aus dem Off übersetzt, beziehungsweise verrät gnadenlos, was hinter den harmlosen Lobhudeleien wirklich steckt: Hammerharter Geschäftssinn und Langeweile.
Immer wieder verlassen die Darsteller die Theaterbühne und suchen den Dialog mit dem Publikum. So wie auch Gottschalks Ex-Assistentin Michelle Hunsicker, die den optimalen Wettkandidaten fürs ewige Glück unter den Besuchern sucht. Die Scholl-Schüler schaffen es dank großer Spielfreude mit Bravour, zu zeigen, was hinter der Maske aus Glamour und Perfektion steckt. Die der Weltenverbesserer mit eingeschlossen. Zwei Mal hat der Theaterkurs sein neues Stück im Theater Mobile in Zwingenberg aufgeführt, ein Mal in der Schule. Jedes Mal gab es viel Applaus. Am Donnerstag, den 9. Juli, wird „FAUSTregel – Alles für die Quoten“ im Rahmen der Schultheatertage im Parktheater in Bensheim gezeigt. Neben den Elftklässlern des Gymnasialzweiges bewiesen auch die Schüler der 9. Realschulklasse mit dem Wahlpflichtfach Darstellendes Spiel in zwei Kurzauftritten, mit wie viel Spaß sie auf der Bühne in andere Rollen schlüpfen. Regie führte Ulrich Faudt. Unter anderem wurde ein Stück der Schülerin Sarah Sauter gezeigt.
Gerlinde Scharf
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 30.06.2015