„Name: Sophie Scholl“: Geschichte emotional aufnehmen!

Das Fluxtheater präsentierte am Dienstag das Theaterstück „Name: Sophie Scholl“ von Rike Reiniger.

„Wir schweigen nicht, wir sind Euer Gewissen“;
 „Hitler: Massenmörder“;
„Die weiße Rose lässt Euch keine Ruhe“;

(Sophie Scholl)

Ein Klassenraum, ein Tisch, ein Stuhl, eine Leinwand und Flugblätter, mehr brauchte die Schauspielerin Daniela Mitterlehner nicht, um die fiktive, zeitgenössische Jurastudentin Sophie Scholl und ihr universitäres Umfeld sowie die historische, antifaschistische Widerstandskämpferin Sophie Scholl, ihre Familie, Freunde, aber auch die Gestapo durch ein ausdrucksstarkes Spiel und Projektionen von Bildmaterial aus der Hitlerzeit zum Leben zu erwecken. Die moderne Sophie gerät wie die historische Sophie in eine existenzielle Ausnahmesituation und muss sich entweder für die Freiheit und gegen ihr Gewissen oder für ihr Gewissen und damit für das Gefängnis entscheiden. Es ist ein Stück über Zivilcourage, Loyalität gegenüber sich selbst und die inneren Kämpfe und Ängste, die man dabei austragen muss.

Die Schüler*innen waren in mehrerer Hinsicht von der Darbietung tief beeindruckt. Zum einen waren sie voller Bewunderung für die hervorragende schauspielerische Leistung von Daniela Mitterlehner, die nicht nur in viele Rollen schlüpfte, sondern auch in den Zeiten hin und her sprang und die historische und moderne Sophie Scholl verkörperte. Dank dieser einfühlsamen Darstellung ist es den Zuschauer*innen gelungen, sich mit beiden Sophies zu identifizieren. Zum anderen waren sie beeindruckt vom ‚aufrechten Gang‘ der historischen Sophie, von ihrer Treue sich selbst gegenüber, die sie dazu gebracht hat, sich trotz anfänglicher Bejahung des Hitlerregimes letztlich gegen dieses zu stellen. Sie und die anderen Mitglieder der „weißen Rose“ verurteilten in ihren Flugblättern die Judenverfolgung, die Zwangsarbeit, die barbarische Kriegsführung und das Unrechtssystem im Allgemeinen und traten für eine menschliche Gesellschaft, Toleranz, Frauenrechte, Frieden und geistige Freiheit ein. Die Flugblätter wurden von der ‚wahren‘ Sophie in das Publikum geworfen, sodass die Schüler*innen mit den historischen Dokumenten, die das Todesurteil für die Mitglieder der „Weißen Rose“ bedeuteten, direkt in Berührung kamen. Sie nahmen aber auch Teil an dem inneren Konflikt der modernen Sophie, die die Last ihres Namens auf ihren Schultern fühlte und sich am liebsten davon befreien wollte, aber auch immer wieder die Stimme ihres Gewissens wahrnahm.

Das Schicksal der fiktiven Sophie blieb offen, das der historischen wurde erzählt: 6 Sekunden dauerte die Exekution.

Viele Originalzitate der historischen Sophie Scholl wurden eindrücklich von Daniela Mitterlehner gesprochen und interpretiert: „Sie sehen meine Todesangst. Sie ließen mir bei Reue vielleicht mein Leben, aber mir fehlte der aufrechte Gang und den brauche ich doch für mein Leben.“

Das Stück hat es den Schüler*innen erlaubt, sich den Mut, die Selbstlosigkeit Sophies, aber auch ihre Todesangst nach ihrer Verhaftung vor Augen zu führen und ihre Geschichte somit emotional aufzunehmen.

Der anschließende Workshop, der von der Theaterpädagogin Judith Senger voller Lebendigkeit angeleitet wurde, hat die Schüler*innen zum Nachdenken über die Bedeutung von Zivilcourage angeregt, und was es heißt, einer Minderheit anzugehören. Sie haben sich auch bewusst gemacht, wie leicht man Opfer eines Gruppenzwangs werden kann und u. U. deswegen Gefahr läuft, gegen seine eigenen Werte, Überzeugungen und Gefühle zu handeln.

Das Theaterstück hat in wunderbarer Weise zur Aneignung von Geschichte und zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten angesichts von Diskriminierung geführt.

Herzlichen Dank an die Schauspielerin Daniela Mitterlehner und die Theaterpädagogin Judith Senger vom Flux-Theater. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!

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