Im Vollrausch fährt es sich nicht gut….

10RB im Dienste der Verkehrswacht auf dem Hessentag

Wer am Hessentag ins Polizeibistro wollte, kam am Stand der Verkehrswacht nicht vorbei, ohne auf das Team der Verkehrswachthelfer des Hessentags zu treffen. Neben den echten Polizeibediensteten waren hier auch die Schülerinnen und Schüler der 10 RB engagiert, die die Hessentagsbesucher animierten sich mit wichtigen Fragen der Verkehrssicherheit zu beschäftigen.

Rauschbrille

v.l.: Eine Polzeihelferin, Christopher Müglich, Serkan Kaplan (beide 10RB) und Klassenlehrer Ernst Eckhardt beim Testen der „Rauschbrille“

 

Besonders die „Rauschbrille“ und der „Rauschparkour“ zeigten auf belustigende Weise, warum Fahrten unter Alkoholeinfluss so gefährlich sind. Auch bei der einfach Simulation einer Autofahrt im berauschten Zustand erfährt man am eigenen Leib, wie sehr Entfernungen falsch eingeschätzt werden und wie leicht man bedrohlich aus dem Gleichgewicht gerät.

Neben dem Thema Alkohol boten die Helfer der 10RB eine Fahrt mit dem Fahrradsimulator an. Dabei ging es darum die Reaktionsfähigkeit der Testperson zu trainieren und die Aufmerksamkeit gegenüber unerwarteten Verkehrssituationen zu schärfen. Der Erkenntnisgewinn für die Besucher war groß und wer etwas Glück hatte erhielt anschließend sogar eine der begehrten Verkehrswacht-Käppies. Insgesamt war die Hessentagswoche nicht nur für die Schüler eine willkommene Abwechslung vom Schulltag, sondern auch eine Anleitung dazu sich mit Fragen der Verkehrssicherheit zu beschäftigen. Als Belohnung durften sie dann auch mit dem Gurtschlitten einen Crashtest machen oder mit dem Überschlagsimulator eine gefährliche Situation durchstehen, in die die Autofahrer am liebsten nie hineingeraten möchten.

Ernst Eckhardt

 

 

Schrecksekunden beim Überschlag

Verkehrssicherheit: Andrang bei Polizei und Landesverkehrswacht / Übungen mit Crash-Instruktoren / Wenn das Auto plötzlich auf dem Dach steht

Kein Nervenkitzel sollte hier vermittelt werden, sondern ganz ernsthaft demonstriert, wie es ist, wenn man mit einem Auto verunglückt.

Ein weißer Ford Focus steht kopfüber auf der Festmeile. Viele Zuschauer zücken ihre Handys, machen Fotos. Der Fahrer klettert unverletzt aus dem Fahrzeug, das die Räder nach oben streckt.

Ueberschlagsimulator

„Im ersten Moment war es schrecklich“, sagt Aleksandar Kolev, als er wieder festen Boden unter den Füßen hat. Der Bergsträßer ist oft mit dem Auto unterwegs, jeden Tag fährt er zum Beispiel die Strecke von Heppenheim nach Darmstadt. Beim Hessentag hat Kolev jetzt eine Erfahrung gemacht, die er so schnell nicht vergessen wird: Er befreite sich aus einem Fahrzeug, das auf dem Dach stand. Er probierte den Überschlagsimulator aus. Er weiß jetzt, wie er sich im Notfall retten kann.

Jahrelang falsch angeschnallt

Nach dem Test wollen viele ihr Fahrverhalten ändern

Längst nicht alle, die wollten, durften den Überschlagssimulator und den Gurtschlitten testen. Besuchern mit Herz- oder Kreislaufbeschwerden rieten die Helfer der Verkehrswacht dringend davon ab. Auch für Kinder unter zwölf Jahren blieben die Trainingsgeräte tabu.

Wer sich einen nachdrücklichen eigenen Eindruck von einer der Extrem-Situationen verschaffen wollte, in die man im Straßenverkehr geraten kann, tat dies auf eigene Verantwortung. Zuvor war eine Haftungsausschlusserklärung zu unterschreiben.

Wenig beängstigend empfand der 13 Jahre alte Niklas seine erste „Fahrt“ am Steuer, zu der gleich ein Überschlag gehörte. „Kein Problem“, stellte er beim Klettern aus dem Simulator fest. Ziel der Veranstalter ist es auch nicht, Nervenkitzel zu bieten. Es geht darum, für Gefahren zu sensibilisieren, Tipps für sicheres Fahren zu geben und zu vermitteln, wie schnell ein Moment der Unachtsamkeit Folgen haben kann.

Die Crash-Instruktoren hatten am Sonntag alle Hände voll zu tun. Am Stand der Landesverkehrswacht vor dem Polizei-Bistro war der Andrang groß. Nils Weber, Frank Köhler, Veronica Stoll und ihre Kollegen gestalteten dort das Programm der Polizei für den Tag der Verkehrssicherheit mit. Den Hessentagsbesuchern boten sie unter anderem einen Platz im Überschlagsimulator sowie eine Fahrt im Gurtschlitten an.

Schrecksekunden erlebten einige der vielen Freiwilligen, die in den harmlos aussehenden Gurtschlitten stiegen. Nur wenige Meter sausten sie angeschnallt eine schiefe Ebene hinab und prallten gegen einen Puffer. Die Wucht dieses Crashs empfinden aber selbst junge Leute, die ohne bleich zu werden 100 Meter einen Freefall-Tower hinabrasen, als überraschend heftig.

Mit mehr als Tempo 30 seien sie aufgeprallt – davon waren fast alle Tester auf Nachfrage überzeugt. Dass er die Simulation eines Frontalzusammenstoßes lediglich bei Schrittgeschwindigkeit von weniger als 10 km/h erlebte, konnte kaum einer glauben. Nach so einer Erfahrung will sich mancher künftig anders ans Lenkrad setzen. „Ich will nicht wissen, wie das bei Tempo 50 ausgeht“, sagt auch Vielfahrer Volker Schabbehard über die nachdrückliche Erfahrung.

Andreas Brettinger hat sogar schon zweimal ein Fahrsicherheitstraining absolviert. „Respekt“, sagt er aber über die Minute im Gurtschlitten, den Aufprall, der wie ein Schlag durch den ganzen Körper donnert. „30 Jahre lang habe ich mich falsch angeschnallt“, stellt eine ältere Dame nach der Fahrt beeindruckt fest. Die Instruktoren zeigen nämlich unter anderem, wie wichtig es ist, den Gurt immer straff anzulegen. Das verhindert im Ernstfall, dass die Vollbremsung schlimme Hämatome verursacht. Auch ein Handy wird man anschließend nicht mehr so unbekümmert in der vorderen Hosentasche tragen, wenn man im Auto unterwegs ist.

Nils Weber, hauptberuflich Oberbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt, der als Einsatzbeamter schon zahlreichen Unfallopfern helfen konnte, gab unermüdlich praktische Tipps. Er weiß, wie das ist, wenn man in einem Autowrack sitzt: Man will nur raus, und zwar sofort.

Viele Autos sind heute glücklicherweise so stabil gebaut, dass die Insassen selbst nach einem Überschlag unverletzt bleiben. Wer in panischer Angst kopfüber im Auto hängt und dann mit aller Kraft das Gurtschloss aufreißt, riskiert aber folgenreiche Verletzungen an der Halswirbelsäule – unnötigerweise.

Besser ist es, sich zunächst in einen sicheren Vierfüßlerstand zu bringen – die Hände ans Dach, die Füße statt in den Pedalbereich Richtung Windschutzscheibe oder Erdboden drücken. Anschließend ist es ratsam, den Kopf zum Brustbein zu senken und sich vorsichtig abzurollen.

Die Ausnahmesituation, die 180-Grad-Drehung mit dem Auto, wurde von vielen Besuchern gern getestet. Sie machten unter anderem die Erfahrung, dass es nicht leicht ist, das Gurtschloss überhaupt sofort zu finden, wenn man plötzlich verkehrt herum im Fahrzeug sitzt.

Und das, obwohl die Fahrer in diesem Fall vorbereitet und freiwillig in die ungewohnte Lage gerieten und sich das Auto nicht unerwartet überschlug, sondern von den Instruktoren langsam per Hand in die Extrem-Stellung gekurbelt wurde. Wem schon bei dieser ungefährlichen Übung übel wurde, der konnte jederzeit einfach wieder aussteigen.

 © Bergsträßer Anzeiger, Montag, 09.06.2014

 

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