Abschiedsrede für Manfred Forell

(katholischer Religionslehrer und Schulseelsorger)

Manfred Forell (Mitte)

Rede von Gabriele Seeger für die Religions-Ethik-Fachschaft

Wir schreiben den 05.02.2018, 13.30 Uhr – Aktivpause in Kirchähr bei den Reflexionstagen der E-Phase und niemand will mit Manfred Fußball spielen. In diesem Moment wird klar, dass etwas zu Ende geht, das vor gut 20 Jahren begonnen hat.


An einem sehr nachhaltigen pädagogischen Tag im Schuljahr 1996/1997 fand sich eine Arbeitsgruppe aus Reli- und EthiklehrerInnen zusammen, die Ernst machen wollte mit §4 der Dienstverordnung: „Die Lehrkräfte erziehen, unterrichten, beraten und betreuen“.


In den Fächern Religion und Ethik werden neben der Wissensvermittlung schon immer existentielle Fragen diskutiert: Was ist der Sinn des Lebens? Was ist Wahrheit? Glück? Gerechtigkeit? Moral? usw. und dadurch bedingt ist auch eine Nähe zu den SchülerInnen möglich, die in dieser Form in anderen Fächern nicht gegeben ist. So ist es nicht verwunderlich, dass sich gerade aus diesem Kreis eine Arbeitsgruppe auf den Weg gemacht hat, ein Konzept für Reflexions- und Gruppenfindungstage zu entwickeln und an einem Wochenende in Kronberg am eigenen Leib auszuprobieren.
Es haben sich weitere FachkollegInnen angeschlossen, sodass durch großes Team die Durchführung dieser besonderen Tage gewährleistet war. Zusätzlich wurden Unterrichtsreihen mit den Themen „Ohne Erinnerung keine Zukunft“ und „Damit die Suche nicht in die Sucht führt“ konzipiert und im Schulprogramm etabliert.

Im Laufe der Jahre hat sich daraus die Schulsozialarbeit als fester Bestandteil der GSS entwickelt – mit maßgeblichen Anteil von Manfred Forell.

Um dem Anspruch der Lebensbegleitung gerecht zu werden, hat er sich als Schul- und Krisenseelsorger und Mediator ausbilden lassen. Er wurde zum Schulseelsorger vom bischhöflichen Ordinariat berufen und hat im Rahmen dieser Tätigkeit eine Vielzahl von Projekten initiert und dabei eng mit örtlichen Institutionen wie z.B. der Karl-Kübel-Stiftung zusammengearbeitet. Viele von uns haben davon in den vergangenen 20 Jahren profitiert und ihn bei Einführungs- und Reflexionstagen, als Streitschlichter, Berater und als Projektleiter erlebt.

Kernstück seiner Arbeit waren allerdings immer die Tage in Kirchähr.
Unzählige Male hat er die Einführungstage der 5. Klassen und die Reflexionstage der Abschlussklassen und der E-Phase durchgeführt und dabei die Begegnungen mit den SchülerInnen als sehr bereichernd empfunden.

Nebenbei wurde abends bei einem Gläschen Rotwein mit den jeweils begleitenden KollegInnen die Welt und der Mikrokosmos GSS besprochen und neu geordnet.

Mit Manfred Forell verabschieden wir heute einen Religionslehrer, der sich klar für die christlichen Werte eingesetzt, aber immer auch andere Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen respektiert hat.

Wir verabschieden heute einen Seelsorger, der für jeden der Schulgemeinde immer ein offenes Ohr hatte und in zahllosen Beratungsgesprächen mit seiner ruhigen und unaufgeregten Art nach Lösungen gesucht hat.

Wir verabschieden heute einen Mediator, der in jeder Pause mit den von ihm ausgebildeten Streitschlichtern und an Runden Tischen neue Sichtweisen auf festgefahrene Konflikte ermöglicht und zu einem konstruktiven Streiten erzogen hat.

Wir verabschieden heute einen Demokraten, der sich mit aller Kraft gegen jegliche Form von rassistischem Gedankengut wehrt und Menschen mit einfachen Lösungen und Antworten kritisch begegnet.

Wir verabschieden heute einen Kollegen, der für viele von uns zu einem Vorbild für gelingendes soziales Miteinander geworden ist.

Wir verabschieden heute einen Menschen, der Respekt verdient.

Lieber Manfred, mit dir habe ich meine einzige Notentleerung eines Busses über das Fahrerfenster und die einzige nächtliche polizeiliche Befragung im Zusammenhang mit dem „schwarzen Afghanen“ erlebt, aber auch viele intensive Gespräche.
Alles was ich ausgeführt habe und was dir wichtig ist, steckt in diesem symbolischen Präsent.
Es ist ein Wein. Du trinkst gern Wein, allerdings bevorzugst du die taninige Richtung, ich gehöre eher der Waldbeerenfraktion an. Deshalb also jetzt ein Weißwein, genauer ein Biowein – also „Bewahren der Schöpfung“. Außerdem ist es ein „Wein gegen Rassismus“. Eine Gruppe von Jungwinzern hat sich zusammengetan, um Projekte der Organisation „Betterplace“ zu unterstützen. 2,- Euro pro Flasche fließen zurzeit in Projekte, die geflüchteten Kindern bei der Integration unterstützen.
Also mit jedem Schluck tust du etwas Gutes.

Lieber Manfred, wir werden dich vermissen …

Bensheim, den 21.06.2018 Fotos von Gabriele Seeger + Ulrike Zotz

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