Der Abiturjahrgang 2021 – der „Coronajahrgang“, wie er so oft in den Medien bezeichnet wird. Diese negativ konnotierte Bezeichnung trifft allerdings bei weitem nicht auf alle Schüler*innen zu. Sicherlich haben das Fehlen sozialer Interaktion, der reduzierte persönliche Kontakt sowie der Verzicht auf ein unbeschwertes Miteinander das letzte Schuljahr geprägt, nichtsdestotrotz haben zwei Schülerinnen der Geschwister-Scholl-Schule ihr Abitur mit der Traumnote 1,0 bestanden. Damit die Noten auch „Gesichter“ bekommen, haben Annika Wagner (A.W.) und Ilka Celina Kappel (C.K.) liebenswürdigerweise einige Fragen zu ihrer schulischen Laufbahn beantwortet.
K.L.: Herzlichen Glückwunsch zu deinen herausragenden Ergebnissen bei den diesjährigen Abiturprüfungen. Wir freuen uns gemeinsam mit dir über diese nicht alltägliche Leistung sprechen zu dürfen und danke, dass du bereit bist, über deine Erfahrungen an der Geschwister-Scholl-Schule zu berichten! Was zeichnet aus deiner Sicht unsere Schule aus?“
C.K.: „Für mich zeichnet die GSS an erster Stelle aus, dass hier nach meiner Erfahrung sehr viel Wert auf Toleranz und gegenseitigen Respekt gelegt wird. Obwohl es natürlich auch hier, wie an vermutlich jeder großen Schule, zu Problemen kommt, hatte ich immer den Eindruck, dass gegen jede Art von Hänseleien oder Diskriminierung vorgegangen wird, was ich enorm wichtig finde. Auch sollte hier das beidseitige Entgegenkommen von Lehrer*innen und Schüler*innen erwähnt werden, das in der Zeit des Wechselunterrichts und Homeschoolings den Schulalltag, trotz einiger technischer Schwierigkeiten, sehr entspannt hat.“
K.L.: „Das ist sehr schön zu hören. Warum hast du dich für die GSS entschieden?“
C.K.: „Ausschlaggebend für meine Entscheidung, die GSS zu besuchen, war, dass ich nach dem Abschluss der 10. Klasse an der Melibokusschule in Alsbach gemeinsam mit meinen Freunden die Schule wechseln wollte. Auch hatte ich im Vorfeld bereits Positives über die GSS gehört; ein weiterer Aspekt war außerdem, dass ich mich schon in der Mittelstufe für Hans und Sophie Scholls Geschichte interessiert habe, seit ich „Die weiße Rose“ gelesen und daran anschließend in der 9. Klasse ein Referat über die Geschwister gehalten habe. Ich habe meine Entscheidung trotz des 90-minütigen Anfahrtswegs nie bereut, da ich mich an der Schule ausgesprochen wohlgefühlt habe. So habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich hier kaum an meiner katastrophalen Handschrift oder meiner für andere schwer durchschaubaren Heftordnung gestört wurde, sodass ich auf eigene Weise agieren und arbeiten und so eben auch gute Resultate erzielen konnte.“
K.L.: „Das Wohlergehen hängt natürlich auch sehr viel mit dem Unterrichts- und Lernklima zusammen. Beschreibe doch bitte, wie du diese beiden wahrgenommen hast.“
C.K.: „Den Unterricht in der Oberstufe empfand ich generell als klar strukturiert und interessant. Besonders gut fand ich, dass die Arbeitsweise oft individuell gestaltet werden durfte und es grundsätzlich eher in der eigenen Verantwortung lag, wie man bestimmte Ergebnisse erzielte, sodass man viel autonom arbeiten konnte.
Da ich den Hauptteil der Lernzeit zuhause verbracht habe, kann ich zum Lernklima nicht sehr viel sagen. In der E-Phase empfand ich das Lernklima aufgrund des Lautstärkepegels oft als schwierig, das hat sich zu Beginn der Q-Phase, bereits vor dem Homeschooling, deutlich verbessert. Auch muss ich positiv bemerken, dass sich viele Leute bemüht haben, immer für Fragen zur Verfügung zu stehen und die meisten Lehrer*innen kurz vor dem Abitur mehr durch Bestätigung und weniger durch Druck motiviert haben, was für mich sehr hilfreich war.“
K.L.: „Sicherlich war das Homeschooling eine schwierige Phase, vor allem im Hinblick auf das soziale Lernen. Wie hast du denn euer Jahrgangsklima empfunden?“
C.K.: „Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass das Jahrgangsklima doch ziemlich harmonisch war. Aufgrund meines Wechsels erst ab der E-Phase an die GSS kannte ich zu Beginn fast niemanden und brauchte die erste Zeit, um mich an der neuen Schule zu orientieren. Danach hatte ich, coronabedingt, auch nicht mit allen Schüler*innen zu tun. Ich habe in meinen Kursen auf jeden Fall keine größeren Konflikte erlebt und Entscheidungen, die den ganzen Jahrgang betrafen, konnten wir in der Regel gut gemeinsam treffen.“
K.L.: „Das klingt nach einem guten Miteinander, mit Höhen und Tiefen. Könntest du bitte darlegen, mit welchen Herausforderungen du während deiner Schullaufbahn zu kämpfen hattest und ob du dich durch spezielle Förderungen angesprochen gefühlt hast?“
C.K.: „Viele würden als Herausforderung sicher vor allem das Homeschooling benennen. Mir kam das Lernen von Zuhause ohne Ablenkung jedoch sehr entgegen. Für mich war es eher eine Herausforderung, am Anfang der Q1, nachdem ich mich gerade erst in der E-Phase eingewöhnt hatte, schon wieder in neue Kurse mit neuen Lehrer*innen und Schüler*innen zu wechseln. Hierbei hat mir sehr geholfen, dass der Umgang miteinander an der GSS ausgesprochen freundlich und respektvoll war sowie, dass der Unterricht meist so gestaltet wurde, dass man individuell arbeiten konnte, was meiner Meinung nach viel effizienter ist als bspw. angeordnete Gruppenarbeit. Auch hatte ich das Gefühl, an der Schule immer ermuntert zu werden, jederzeit Fragen zu stellen und gerne auch einmal einen Fehler riskieren zu können.“
K.L.: „Individuelles Fördern und das Stärken von Persönlichkeiten ist sicherlich eine Stärke der GSS. Hast du Wünsche und Anregungen, die du gerne mitteilen möchtest?“
C.K.: „Wünschen würde ich mir zunächst, dass die GSS ihren Charakter und vor allem ihre tollen Veranstaltungen beibehält, die im Vergleich zu meinen vorigen Schulen wirklich hervorstechen. Hier sei gesagt: Der Aufwand und auch ein möglicher Schulstundenausfall lohnt sich definitiv! Und mögliche, durch Stundenausfall entstehende, Wissenslücken werden durch enormen Kenntnisgewinn in puncto Menschlichkeit wieder wettgemacht.
Als Anregungen würde ich gerne mitgeben, vielleicht einen anonymen Feedback-Bogen für die Lehrkräfte einzuführen. Ich habe dies immer als eine gute Möglichkeit gesehen, sowohl einen gut gestalteten Unterricht zu loben und für die Unterstützung zu danken, als auch Personen, bei denen ich im Schulalltag Schwierigkeiten hatte, Ideen vorzuschlagen, durch die ich vielleicht besser klar gekommen wäre. Niemand kann es jedem Schüler/ jeder Schülerin recht machen, aber ich denke, dass es für jeden Menschen, der anderen etwas beibringen soll, nützlich ist, zu wissen, welche Aspekte andere sehr an ihm schätzen und welche er noch verbessern könnte.“
K.L.: „So, wie es klingt, scheint dir das Soziale und Menschliche sehr wichtig in deinem Leben zu sein. Dazu gehören natürlich auch zwischenmenschliche Beziehungen. Gibt es für dich Menschen oder Ereignisse, die dir positiv in Erinnerung bleiben werden?“
C.K.: „An dieser Stelle könnte ich viele Menschen aufzählen, schon allein, weil die GSS die erste Schule war, an der ich mit nahezu keinem Lehrer Schwierigkeiten hatte. Grundsätzlich muss ich auf jeden Fall dem gesamten Schulleitungsteam Achtung zollen, denn ich habe sicher nur einen Bruchteil von dem mitbekommen, was hier während der Pandemie geleistet wurde und allein das war schon wirklich beachtlich. Außerdem werde ich mich natürlich immer an meine drei Freundinnen erinnern, die mich durch die Schulzeit begleitet haben, auch wenn eine von ihnen leider nicht mit mir auf die GSS wechseln konnte. Außerdem habe ich sehr positive Erinnerungen an die Schüler*innen und Lehrer*innen, mit denen ich gute Gespräche und Diskussionen hatte. Aber grundsätzlich danke ich allen Menschen, die sich die Zeit nehmen, hinzuschauen, nachzufragen und anderen zuzuhören.“
K.L.: „Deine Empathie zeichnet dich aus, was man deinen Antworten entnehmen kann. Möchtest du bitte noch verraten, wie es für dich nach der Schule weitergehen wird?“
C.K.: „Ich bin extrem froh, dass ich das erforderliche Abiturzeugnis für ein Psychologie-Studium erreicht habe, worauf ich seit der Einführungsphase gehofft habe. Aktuell plane ich, einen Schwerpunkt auf klinische Psychologie zu legen, möglicherweise um als Familiengutachterin oder in einer Klinik zu arbeiten, hier bin ich aber noch nicht festgelegt.“
K.L. und S.D.: „Vielen Dank, Celina, dass du dir Zeit genommen hast! Wir wünschen dir für deine Zukunft alles Gute und viele spannende und schöne Momente.“
S.D.: „Herzlichen Glückwunsch zu deinen herausragenden Ergebnissen bei den diesjährigen Abiturprüfungen. Wir freuen uns gemeinsam mit dir über diese nicht alltägliche Leistung sprechen zu dürfen und danke, dass du bereit bist, über deine Erfahrungen an der Geschwister-Scholl-Schule zu berichten! Was zeichnet aus deiner Sicht unsere Schule aus?“
A.W.: „Ich finde, dass vor allem der Name „Geschwister-Scholl-Schule“ ein wichtiges Zeichen setzt, was heute auch noch mehr an Bedeutung gewinnt. Außerdem ist die Schule sehr inklusiv, immer waren in den Klassen verschiedene Kulturen vertreten, von denen, soviel ich es mitbekommen habe, nie jemand ausgegrenzt wurde.“
S.D.: „Wie würdest du das Unterrichtsklima beschreiben?“
A.W.: „Das Unterrichtsklima habe ich fast durchgehend angenehm empfunden. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Lehrer*innen sich Mühe geben, um eine angenehme Lernatmosphäre zu schaffen.“
S.D.: „Wie beschreibst du das Arbeitsklima?“
A.W.: „Das Arbeitsklima habe ich als recht wechselhaft empfunden, da die Lautstärke teilweise vom Arbeiten ablenken konnte.“
S.D.: „Das Jahrgangsklima unter euch Schüler*innen ist sicherlich auch entscheidend. Du warst bereits seit der fünften Klasse auf der GSS. Wie hast du die Atmosphäre innerhalb eures Jahrgangs empfunden?“
A.W.: „Der Umgang im Jahrgang untereinander war meist freundlich, vor allem in der Oberstufe. In der Unterstufe gab es allerdings einige Fälle von Mobbing, die teilweise von der Lehrkraft nicht ernstgenommen wurden.“
S.D.: „Dass Mobbing nicht ernstgenommen wird, ist sicherlich nicht Usus und darf auch nicht so sein. Vor allem in den letzten Jahren wurden Lehrkräfte dahingehend sensibilisiert und mit Fachwissen sowie Fortbildungen in ihrem pädagogischen Handeln weitergebildet. Dementsprechend ist hier sicherlich eine Verbesserung eingetreten.
Hast du aufgrund deiner langen Erfahrung an der GSS weitere Wünsche und Verbesserungsvorschläge?“
A.W.: „Sitzgelegenheiten im Innenbereich, zum Beispiel in den Fluren, wären meiner Meinung nach eine sinnvolle Ergänzung, um auch, wenn die Bibliothek mal geschlossen und die Mensa zu laut ist, eine Möglichkeit zu haben, sich hinzusetzen und zum Beispiel entspannt ein Buch zu lesen. Außerdem ist die Digitalisierung zwar auf dem richtigen Weg, aber durchaus noch verbesserungswürdig.“
S.D.: „Das stimmt, das Thema „Digitalisierung“ wird sicherlich weiterhin ein wichtiges und zu optimierendes Thema sein.
Werden dir denn auch einzelne Menschen in Erinnerung bleiben?“
A.W.: „An viele Menschen an dieser Schule habe ich sehr positive Erinnerungen. Die meisten Klassenkamerad*innen, denen ich in meiner Schullaufbahn begegnet bin, behalte ich als freundliche, humorvolle und offene Menschen in Erinnerung. Auch mit den Lehrer*innen hatte ich immer das Gefühl, dass die Kommunikation auf gegenseitigem Respekt fußte, und habe mich mit den meisten gut verstanden.“
S.D.: „Das ist schön zu hören. Zu guter Letzt noch eine persönliche Frage: Wie wird dein weiterer Lebensweg aussehen?“
A.W.: „Ich habe vor, Informatik an einer Fachhochschule in der Nähe zu studieren und später in Richtung Softwareentwicklung zu gehen. Diese Laufbahn wurde durch das gute Angebot an Kooperations-Leistungskursen in Bensheim begünstigt, wodurch ich Informatik als einen meiner Leistungskurse wählen konnte.“
S.D. und K.L.: „Vielen Dank, Annika, dass du dir Zeit genommen hast! Wir wünschen dir für deine Zukunft alles Gute und viele spannende und schöne Momente.“