Abi-Zeugnisse für 102 GSS-Helden

Akademische Feier im Bürgerhaus / Der größte Jahrgang seit über 20 Jahren

Der Abiturjahrgang 2013 an der Geschwister-Scholl-Schule zeichnet eines aus. Er ist der größte seit über 20 Jahren. Mit 102 Abiturienten rückt man in eine dreistellige Dimension vor. „Mit dem Abi in den Händen, werden Helden zu Legenden“, schrieben sich die Absolventen auf die Fahnen und zogen am Samstag sichtbar erleichtert ins Bensheimer Bürgerhaus.
Unter dem Beifall von Eltern und Lehrern nahmen sie letztmals ein Schulzeugnis entgegen. Ralf Langhammer, Leiter der gymnasialen Oberstufe, begrüßte die Gäste und moderierte den offiziellen Teil der Feier. „Alle Türen stehen Euch offen“, ermunterte die Schulleiterin Dr. Angela Lüdtke in ihrer Laudatio die Schulabgänger, ein „neues Haus“ mit aufgesperrten Toren zu betreten.

Beachtlicher Meilenstein
Sie verabschiedete erstmals in ihrer Funktion als Schulleiterin die jungen Erwachsenen und gratulierte zu einem beachtlichen Meilenstein in der Lernlaufbahn. Jetzt sei es an ihnen, selbstständig zu entscheiden, welchen weiteren Weg sie einschlagen wollen.

Die Geschwister-Scholl-Schule als Lernort habe ihnen über die Vermittlung von Inhalten und Wissen hinaus eine Spannbreite an Kompetenzen vermittelt, die ein gutes Fundament für den weiteren Bildungsweg legen. Dr. Lüdtke ermunterte sie, mit Mut und Selbstvertrauen neue Pfade einzuschlagen und auszuprobieren. Und wenn sie sich als falsch erweisen, werden sie korrigiert. Die Einsicht, dass und warum der angesteuerte Weg unpassend war, vermittele wichtige Erkenntnisse. Denn Lernfähigkeit heiße, Erfahrungen sinnvoll für die eigene Zukunft zu nutzen.

Die Schulleiterin appellierte an die Absolventen, Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen und sich in die Gemeinschaft einzubringen. „Wir brauchen Sie in unserer Gesellschaft“, betonte Lüdtke. Im Namen des Kollegiums sprachen Studiendirektorin Ulrike Zotz und Oberstudienrätin Gerhild Hoppe-Renner. Sie zitierten aus einem frühen Werk Albert Schweitzers. Als Rebell im jugendlichen Alter entwarf er seine Zukunftsvisionen, in die er bewusst die Stolpersteine einbaute und die Spannung eines Hürdenlaufs fernab einer gradlinigen Karriereleiter betonte.

Seine Worte dürften etlichen Absolventen nicht fremd sein. Denn auf vielfältige Weise gelangten sie zum Abitur. Gerhild Hoppe-Renner zitierte aus einem Aufsatz. Die Schüler sollten im ersten Oberstufenjahr eine Biografie verfassen. Eine Schülerin schrieb, dass sie es nie erwartet hatte, den Schritt in die Oberstufe zu schaffen. In der Grundschule habe es ihr niemand zugetraut. Nun hat sie zusammen mit 101 weiteren Absolventen die Zielgerade passiert.

Neue und vielfältige Möglichkeiten tun sich den Abiturienten auf. Gerhild Hoppe-Renner forderte sie auf, die Chance der Wahl zu ergreifen und sich keinesfalls die eigene „Deutungshoheit“ abnehmen zu lassen. Albert Schweitzer redet in seiner jugendlichen Euphorie von dem Vorteil eines Schiffbruchs, der ganz neue Sichtweisen offenlegt. Zwar sind, wie Ulrike Zotz hervorhob, die Fehler im Schulalltag negativ belastet und in einer Leistungsgesellschaft „unverzeihbar“. Die richtigen Lösungen sind das Kriterium für Bewertungen, Noten und Punkte.

Fehlerkultur entwickeln
Dabei haben die pädagogischen Wissenschaftler längst erkannt, dass gerade Fehler das beste Mittel ist, um zur tiefen Erkenntnis zu kommen. Der Misserfolg biete weitaus mehr Lerngelegenheiten als der Erfolg. Dem Nachwuchs machte sie Mut, eine „Fehlerkultur“ zu entwickeln.

Stolz auf ihre Zöglinge sind die Eltern. In ihrem Namen sprach Ingrid Fahrner. „Was will die Welt von Euch, und was wollt Ihr von der Welt“, verdeutlichte sie den zurzeit offenen Schnittpunkt im Leben. Einen besonderen Dank richtete sie an die engagierte Lehrerschaft, die breite Fundamente gelegt hat.
Die Abiturienten beließen es bei einer sprachlosen Kommunikation, die nichtsdestotrotz einen intensiven Eindruck hinterließ. Qlirim Rexhaj hob ein selbstgebasteltes Herz in die Höhe, auf dem nur ein Wort stand: Danke. moni

Zwei Schüler mit der Traumnote 1,0

 

Die Abiturfeier der Geschwister-Scholl-Schule bot ein Forum, um die besonderen Leistungen einzelner Schüler hervorzuheben.
Sie spiegeln sich zum einen im Notenschnitt, zum anderen in einer außergewöhnlichen Integrationsleistung.
Zwei Schüler schlossen das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife mit der Traumnote 1,0 ab: Peter Bauer und Tobias Schreiber erhielten neben der Urkunde die „Eule der Weisheit“, eine kleine Skulptur, mit der die Jahrgangsbesten ausgezeichnet werden.
Den beiden folgte mit 1,2 Felix Hoffmann. Mit einem Schnitt von 1,3 schlossen Elif Goymen, Nicolas Hoffmann, Conny Kinada und Janina Stengel ab. 1,4 erreichten Shamoon Aminpoor und Katharina Behr; eine 1,5 legten Augustin Wilberg und Marlene Schmitt ab.
Schulleiterin Dr. Annette Lüdtke rückte diejenigen in den Fokus, die eine hohe Hürde durch eine vorbildliche Integration meisterten und damit eine doppelte Leistung erbrachten.
Sie kamen an die Geschwister-Scholl-Schule, ohne oder über nur geringe Sprachkenntnisse zu verfügten. Nataly Bedenian stammt aus Aleppo (Syrien).
Sie besucht seit November 2003 die Scholl-Schule. Als Christin war ihre Familie im Heimatland bedroht. Man gewährte Asyl, doch stets bedrohte sie die Abschiebung. Dr. Lüdtke erinnerte an das Solidaritätsfest für ihre Schülerin.
Stefan Sousa stammt aus Portugal. Erst 2009 kam er nach Deutschland. Somit hatte er gerade mal vier Jahre Zeit, die fremde Sprache und gleichzeitig den Stoff fürs deutsche Abitur zu lernen.
Amanpreet Singh ist in Ambala/Indien geboren. Er wurde vor sieben Jahren an der Scholl-Schule aufgenommen und bewältigte in dieser Zeit die sprachlichen wie auch kulturellen Hürden. moni

© Bergsträßer Anzeiger, Montag, 01.07.2013

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