Friedhofserkundung der Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl Bensheim sorgt für riesengroße Überraschung

„Damit hätte ich nach meiner über 30-jährigen Erfahrung nicht gerechnet“, staunte Prof. Dr. Klaus Werner vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen, als ihn die Leiter der Geschichtswerkstatt der Geschwister-Scholl-Schule Bensheim, Frank Maus und Peter Ströbel, über den Fund in Kenntnis setzten. Ausgerüstet mit Schaufeln und Sondierstangen waren die beiden Geschichtslehrer am vergangenen Freitag zusammen mit Studienreferendarin Gülcin Uysal und den Schülerinnen Melissa Kroker, Anna Petermann und Leandra Plonka zu einem Besichtigungstermin auf den Jüdischen Friedhof in Alsbach gekommen. Ziel der Erkundung war das Grab des jüdischen Mehlhändlers Moses Wolf aus Bensheim, gestorben 1927, das vermutlich während des Novemberpogroms 1938 zerstört worden war. Wolfs Sohn Jakob, der 1937 mit Frau und Tochter in die USA hatte fliehen können, beklagte 1962 bei seinem Besuch in Deutschland den „unwürdigen und völlig verwahrlosten Zustand“ des Grabes. „Diese Bemerkung in den Wiedergutmachungsakten hat uns berührt und den Stein buchstäblich ,ins Rollen‘ gebracht“, so Peter Ströbel. Von dem Grab war nur der Sockel übriggeblieben, ein Inschriftenfragment mit Name, Geburtsort und Lebensdaten existierte nur noch in einer 40 Jahre alten Schwarz-Weiß-Fotografie von 1985. „Unsere Projektidee war geboren: Wir wollten dem Verstorbenen seine Würde zurückgeben“, ergänzt Frank Maus. Und so betraute man den Steinmetz Peter Germann mit der Aufgabe, einen Ersatz-Grabstein mit rekonstruierter Inschrift zu erstellen. Beim Vor-Ort-Termin, an dem auch Steinmetz und Steinbildhauer Christoph Schindler vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen und Kulturanthropologin und Friedhofsführerin Nicole Rieskamp vom Museumsverein Alsbach-Hähnlein teilnahmen, sollten eigentlich technische und handwerkliche Fragen geklärt werden. Dann die kleine Sensation: Unweit des Sockels und direkt unter der Grasnarbe schaute bei einer behutsamen Probegrabung unversehens die vermisste Granitplatte hervor – mit einer bislang unbekannten hebräischen Inschrift, die nun von Sachkundigen übersetzt wird.


