Menschen und Tiere brauchen Wald – die geplante Rodung des Hambacher Forsts beunruhigt GSS-Schüler

(CS) „Wo ist der her?“, „Warum haben Sie den mitgebracht?“, „Was machen wir anschließend damit?“
Dass der im Vorfeld angekündigte Gast an diesem Schultag ein kleiner Baum ist, merkten die Schülerinnen und Schüler der 5Ra der Geschwister-Scholl-Schule Bensheim gleich zu Beginn des Projekttages am Donnerstag, den 27.09.2018,.
Einige Fragen beantworteten die Klassenlehrerinnen Claudia Schuchmann und Dorothea Allandrieu sofort: Das junge Bäumchen stammt aus dem Hambacher Forst und sollte die Kinder durch den Tag begleiten. Die übrigen Fragen und viele weitere erarbeiteten sich die Schülerinnen und Schüler im Laufe der nächsten Stunden.

Nachdem die geplante Rodung des Hambacher Forsts in den Medien immer präsenter wurde, sich die Lage stetig zuspitzte und einige der Kinder bereits ihre Fragen in den regulären Unterricht getragen hatten, beschlossen die beiden Klassenlehrerinnen, dieses aktuelle Thema an einem Projekttag mit ihrer Klasse zu bearbeiten.

Als Einstieg in den Projekttag holte eine „Fantasiereise“ die Schülerinnen und Schüler aus dem Klassenzimmer ab und entführte sie in einen alten, dicht bewachsenen Wald, den sie in Gedanken durchschreiten durften und der ihnen Geheimnisse über das Leben des Waldes preisgab. Im Anschluss an diese virtuelle Reise hielten die Kinder das im Wald Erlebte, Gesehene und Gefühlte in einem Bild fest, bevor sie anhand unterschiedlicher Sachstationen erfuhren, warum alles Leben, Mensch und Tier, Wälder zum Überleben zwingend braucht.

Anschließend wurde der Fokus auf das Geschehen im Hambacher Wald gelenkt.
Die Schülerinnen und Schüler erfuhren aus Sachtexten und einem Kinderradiobeitrag des WDR über den Abbau von Braunkohle zur Energiegewinnung von den unterschiedlichen Interessen und Positionen des Konzerns RWE, der Politik und Umweltverbänden und Demonstranten.
Hierbei konnten die Schüler die Gründe für den Konflikt um den Hambacher Forst nachvollziehen: das Streben nach Gewinn und den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Braunkohleindustrie auf der einen und den Schutz und Erhalt eines alten Waldes für Tiere und nachfolgende Generationen auf der anderen Seite.

Die Schülerinnen und Schüler arbeiteten auch an dieser Stelle eifrig mit und zeigten zum Teil schon fundiertes Vorwissen. So erklärte ein Schüler dem Rest der Klasse, was ein Tagebau ist und dass der Hambacher Forst in der Nähe von Köln aktuell von der Rodung durch den Energiekonzern RWE bedroht ist, weil dieser die dort befindliche Braunkohle fördern will.

Ihre Betroffenheit zeigten die Schülerinnen unter anderem mit sehr kritischen Nachfragen: „Was ist mit den ganzen Menschen passiert, die dort gewohnt haben?“, „Müssen die ganzen Tiere jetzt sterben?“, „In einer Hand voll Erde stecken doch schon so viele Lebewesen! Denken die da gar nicht drüber nach?“
Viele Kinder äußerten ihr Unverständnis, als einer der ‚VoRWEggehen‘ Werbespots von RWE abgespielt wurde. Sie konnten nicht verstehen, warum RWE von „sanfter Energie“ spricht und gleichzeitig einen so alten Wald bis zum letzten Baum roden möchte.
Der anschließende kreative Teil des Projekttags, eine Stationenarbeit, thematisierte verschiedene fächerübergreifende Themen zum Hambacher Wald, wie beispielsweise Bilder eines Traumwalds, ein Blätterbild, Gedichte über den Wald und auch Stationen, an denen die Kinder spürten, dass sie aktiv werden können und ihre Gefühle und Gedanken zur geplanten Rodung verschriftlichen und direkt an die Verantwortlichen senden dürfen. So entstanden zahlreiche berührende Briefe und Interviewfragen an die Verantwortlichen von RWE, die die Klassenlehrerinnen gesammelt mit einigen ausgewählten Bildern an den Konzern weitergeleitet haben.

„Kann man denn gar nichts weiter tun?“, fragte ein Schüler in der abschließenden Feedbackrunde.
Doch. Wachsam sein, das Zeitgeschehen beobachten und kritisch nachfragen – das haben die Fünftklässler an diesem Tag bereits getan. Werbung hinterfragen. Das gelang den Kindern wunderbar. Sich stark machen und die Stimme erheben für etwas, das ihnen wichtig ist, auch wenn das bedeuten sollte, einmal gegen den Strom zu schwimmen.
Einige Schülerinnen und Schüler entwickelten Ideen, die über den Unterricht hinausgingen: Unterschriften sammeln, Familienmitglieder informieren, dort hinfahren und den Hambacher Wald mit dem angeschlossenen Tagebau besichtigen, um sich ein eigenes Bild machen zu können.
Damit haben sie mehr getan als viele Erwachsene. Wenn sich die Kinder auch nur ein bisschen von diesem Engagement bewahren, dann haben sie enorm viel von diesem Projekttag gehabt.

Aus Kindern, die Fragen stellen und sich Antworten selbst erarbeiten, werden vielleicht auch einmal mündige Erwachsene, die sich zu gesellschaftspolitischen Themen informieren, verschiedene Positionen gegeneinander abwägen und zu einem eigenen Urteil kommen.

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