Die Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages

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Foto: Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Vom 23. bis zum 27. Januar 2017 fand im Rahmen des Deutschen Bundestags die Jugendbegegnung, für 78 Jugendliche im Alter von 17 – 25 Jahren aus 16 verschiedenen Nationen, statt. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen wurden aufgrund ihres besonderen Engagements für Projekte mit Bezug auf die Geschichte des Nationalsozialismus, aber auch gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zur Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages eingeladen.

Mein Name ist Alysha Kiala und ich bin 19 Jahre alt. Aktuell besuche ich noch die Geschwister-Scholl Schule in Bensheim und absolviere in den nächsten Wochen mein Abitur. Schon oft habe ich mich mit den Themen Nationalsozialismus, Antisemitismus Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, sowohl im Schulunterricht als auch im privaten Bereich, auseinandergesetzt.

Schwerpunkt in diesem Jahr waren die ,,Euthanasie-Morde“ im nationalsozialistischen Deutschland, welche wir in Form von Quellenarbeiten, mit einem Besuch der Charité in Berlin – inklusive ihrer Rolle zu dieser Zeit – und der Gedenkstunde vom 27. Januar 2017 im deutschen Bundestag detaillierter betrachten durften.

Nach der Ankunft im Paul-Löbe-Haus am Montag, den 23. Januar, lernte man zunächst einmal die Jugendlichen und die Betreuer des Jungendprojekts kennen. Nach der kurzen Vorstellungsrunde im Plenum fuhren wir in die etwa 200 km entfernte Stadt Pirna.

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Foto: Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Hier haben wir die Möglichkeit bekommen, in den darauffolgenden zwei Tagen die Gedenkstätte und frühere ,,Heil- und Pflegeanstalt“ Pirna Sonnenstein kennenzulernen. Während des Hitlerfaschismus kam es in Pirna Sonnenstein zu Tötungen von körperlich und geistig behinderten Menschen. Hierzu erhielten wir auch eine Führung durch die Gedenkstätte und damalige Tötungsanstalt (Wartezimmer, Gaskammer und Krematorium), aber befassten uns auch intensiv in kleineren Arbeitsgruppen mit Primär- und Sekundärquellen. Diese führten oft zu sehr emotionalen Diskussionen mit aktuellem Bezug, wie z.B. der heutige Umgang mit Menschen mit Behinderungen, aber auch das Thema Sterbehilfe in Deutschland kam auf. Nach den zwei intensiven und diskussionsreichen Tagen ging die Reise am 25.Januar 2017 nach Berlin zurück.

Am nächsten Tag fuhren wir zunächst zum Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen ,,Euthanasie-Morde“ in der Tiergartenstraße 4, auch bekannt unter der dort damals stationierten Zentraldienststelle ,,T4“. Von hier aus fanden die gezielten Ermordungen geistiger und körperlicher Behinderten statt. Mit Rosen und einer Schweigeminute gedachten wir der Opfer.
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Foto: Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Im weiteren Verlauf des Vormittags besuchten wir die Ausstellung im Paul-Löbe-Haus ,, Wir sind viele“, die aus 50 Porträts behinderter Männer, Frauen und Kindern des Fotografen Jim Rakete besteht.

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Foto: Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Von dort aus ging es zu Fuß in die zehn Minuten entfernte Charité Berlins. Hier hörten wir Vorträge von Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach und Prof. Dr. Thomas Beddies über die Rolle der Charité zur Zeit des Nationalsozialismus am Beispiel der Kinderheilkunde. Zur Visualisierung fuhren wir am Abend zum Erinnerungsort ,,Topographie des Terrors“ um den Film
„Nebel im August“ von Kai Wessel zu schauen. Danach hatten wir die Gelegenheit mit den Hauptdarstellern und dem Regisseur gemeinsam über den Film zu sprechen. Bei diesem Gespräch diskutierten wir unter anderem über die möglichen Problematiken, eine Geschichte nach wahrer Begebenheit zu verfilmen.
Der Höhepunkt des Programms war der letzte Tag. Seite an Seite mit Politkern durften wir im Plenarsaal an der Gedenkstunde am 27. Januar teilnehmen. Besonders an dieser Stunde war die Vorlesung aus einem Brief eines betroffenen ,,Euthanasie-Opfers“ vom Schauspieler Sebastian Urbanski. Nach der Gedenkstunde hatten wir die Gelegenheit mit den drei Hauptrednern Ulla Falkenstein, Herrn Dr. Hartmut Traub und dem Schauspieler Sebastian Urbanski, der am integrativen Theaterprojekt ,,für Menschen mit sogenannter Behinderung“ namens RambaZamba in Berlin arbeitet sowie der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Ulla Schmidt, in einem Podiumsgespräch Fragen zu stellen.

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Foto: Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Nach einer abschließenden Auswertung und Verabschiedung im Plenum fand die Jugendbegegnung 2017 ihr Ende.
Ich bin sehr froh, dass ich an der Jugendbegegnung 2017 teilnehmen durfte. Das Zusammentreffen unterschiedlicher Altersgruppen, Herkunft und Ansichtsweisen hat mich für meinen weiteren Werdegang sehr geprägt. Auch die Auseinandersetzung mit den ,,Euthanasie-Morden“, die während meiner Schullaufbahn nur am Rande behandelt wurden, zeigte mir, wie wichtig dieses Thema auch für unsere Gegenwart ist.
Kiala Alysha

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